Pausenraunen
19.11.15
Das Projekt Pausenraunen war ein Versuch der Umnutzung eines Raums der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig zu einem 3. Ort, einem Raum des Austauschs und des Verweilens. Nun bedarf es dafür keiner eigenständigen Webpräsenz mehr. Was, warum und wie lässt sich im folgenden Archiv nachlesen.
Projekt Pausenraum - Pausenraunen
Umnutzung eines Raumes der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
Pausenraunen
Angenommen, plötzlich steht irgendwo ein Sofa, so möchte man sich setzen und verweilen. Beim Verweilen entstehen spontane Bekanntschaften, man erzählt sich Dinge, die man sonst nicht erfahren hätte. Aus Brandschutzgründen wird das Sofa aufgeräumt.
“Pausenraunen” greift dieses Phänomen auf. Das Projekt soll dazu dienen, über Pause und Verweilen nachzudenken, über Freiräume zu diskutieren, Orte dafür zu schaffen und bürokratische Hürden dabei gekonnt zu umschiffen.
Der Blog war ursprünglich mit hier auf der Startseite und ist der Übersichtlichkeit halber im Archiv nach unten gewandert.
Pausenraum
Lage des Pausenraums
Wenn man zum Haupteingang der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) eintritt und ein paar Stufen herauf schreitet, steht man in einem hell erleuchteten Lichthof. Geht man durch diesen hindurch bis ganz nach hinten und biegt nach rechts ab, so steht man vor der Tür, die zum Pausenraum führt. Dort angekommen, kann man nun entweder noch eine kleine Treppe hinauf zum Hedis, einem kleinen studentisch verwalteten Raum mit Sofas und Bar gehen oder man geht ein paar Stufen hinab und ist am Ziel.
Grundriss des Pausenraums
Ein Raum, der bisher eher als Lager- oder Durchgangsraum begriffen wurde, ist neu einzurichten. Ob der Kaffeeautomat, der Kickertisch und die Tischtennisplatte an Ort und Stelle bleiben können, bleibt abzuwarten.
erste Skizzen
Dies ist nur eine Idee, in welche Richtung sich der Raum entwickeln kann. Geplant ist, dass ein Austausch auf allen erdenklichen Ebenen stattfinden kann.
Fotos
Konzept
Befrei dich von Ordnung und Logik und trete in einen neuen Ort ein. Es ist nicht der Arbeitsplatz. Es ist nicht das Zuhause. Noch niemand hat ihn auf Landkarten verzeichnet. Nichts ist sicher. Alles ist möglich. Welcome to the third place. Slogan Sony PR Kampagne, Ron Lakos
Motivation
An der HGB gibt es kaum permanent öffentlich zugängliche Räume, die zum Innehalten und sich Kennenlernen einladen. Mangelnde Identifikation und immer weniger werdende Rituale fielen in der jüngeren Vergangenheit öfter als Stichworte.
Ein “dritter Ort” zum informellen Austausch könnte das Potential von hunderten kreativen Köpfen wecken und ausschöpfen. Zudem fördert ein studentisch verwalteter Raum das Gefühl, mitbestimmen zu können und ist somit auch identitätsstiftend. Denn wer sich mit einem Raum bzw. seiner Hochschule identifiziert, wird höhere Motivation haben, sich zu engagieren, Feste zu organisieren oder in Studierendenvertretungen mitzuarbeiten und hat zudem ein höheres Interesse daran, Sachschäden und Verschmutzungen zu vermeiden.
Konzept
Der Pausenraum (Raum unter dem Hedis) ist ein kaum genutzter, gefühlt toter Raum. Er wird seinem Namen weder durch Sitzgelegenheiten, angenehmer Beleuchtung oder sonstiger Wohlfühlatmosphäre gerecht. Stattdessen wird er als Lager und Durchgangsraum genutzt oder steht einfach nur leer. Neben Heizung, Licht, zwei Fluchtwegen und ca. 40m² nutzbarer Fläche ist er zentral gelegen, interessant geschnitten und räumlich direkt an das StuRa-Büro sowie das Hedis angeschlossen. Somit ist er prädestiniert für eine Umnutzung als dritter Ort – ein Ort der Zusammenkunft, des Austauschs, an dem man sich gerne aufhält.
Strukturell soll der Pausenraum als Erweiterung des Hedis angelegt sein, nur dass es keine verschlossenen Türen gibt. Jede und jeder ist willkommen, den Raum mitzugestalten, Inspirationen zu sammeln oder einfach nur Kaffee zu trinken.
Zum Tag der offenen Tür, dem 10.01.2013, soll der Pausenraum als temporäre Installation eröffnet werden und bis zum Rundgang permanent von StudentInnen der HGB weiterentwickelt werden. Dafür sind Möbelbau-Workshops ebenso denkbar wie interaktive Lichtinstallationen und Malereien an den Wänden. Der tote Raum unter der Treppe soll zur Umsonstkiste (eine Kiste mit Dingen zum Verschenken und Finden) umfunktioniert werden, womit neben dem informellen auch ein materieller Austausch stattfindet. Pinnwände dienen zur Ideensammlung und zur Veröffentlichung von Arbeitsergebnissen zu hochschul- und pausenraumrelevanten Themen. Weitere Ideen werden kommen, gesammelt und zu gegebener Zeit umgesetzt.
Neben der Dokumentation der verschiedenen Arbeitsprozesse werden die Ergebnisse evaluiert und aufgearbeitet. Damit soll ein Grundstock für neue Denkansätze geschaffen werden, wie informelle Interdisziplinarität kreative Prozesse ankurbeln und eine Identifikation mit der Hochschule stärken kann.
“The preferred and ubiquitous mode of urban development is hostile to both walking and talking. In walking, people become part of their terrain; they meet others; they become custodians of their neighborhoods. In talking, people get to know one another; they find and create their common interests and realize the collective abilities essential to community and democracy.” The Great Good Place, Ray Oldenburg, 1989
“Die bevorzugte und allgegenwärtige Art und Weise von urbaner Entwicklung verhält sich feindlich gegenüber Bewegung und Kommunikation (‘walking and talking’). Beim Laufen werden Menschen Teil ihrer Umgebung; sie treffen andere; sie werden zu Beobachtern/Hütern ihrer Nachbarschaft. Beim Reden lernen sich Menschen kennen; sie finden und entwickeln gemeinsame Interessen und entdecken kollektive Fähigkeiten, die essentiell für Gemeinschaft und Demokratie sind.” frei übersetzt nach The Great Good Place, Ray Oldenburg
Pausenraunen
temporäre Installation
10.01. - 17.02.13
im Pausenraum (Raum unter dem Hedis), Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
initiiert von Raffael Jesche
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Pinnwand
Die Pinnwand wurde geschlossen :-(
Wenn ein Punkt schon genannt wurde, drücken Sie am Besten auf den Daumen anstatt das Thema noch einmal zu eröffnen.
hier war mal eine Online-Pinnwand, auf der Gäste ihre Wünsche und Ideen für den Pausenraum hinterlassen konnten.
Galerie
Blog
Aus der Traum vom Pausenraum
29.04.13
Das Projekt Pausenraum ist beendet. Es gab zwar sehr viel Zustimmung, jedoch kaum Unterstützung und alleine arbeiten macht wenig Spaß. Zudem gibt es ja auch noch andere Hobbys als die HGB umzugestalten.
Ein zwischenzeitlicher Motivationsschub kam zumindest, als das Perlenbäumchen wieder aufgetaucht ist. Es stellte sich heraus, dass es nicht nur nicht geklaut wurde, sondern es sogar jemand einfach nur gut gemeint hatte. Es war gesund und munter im Archiv auf dem Fensterbrett untergebracht, sodass es nicht verloren oder kaputt geht. Zum Rundgang wurde es an der Decke hängend im Raum ausgestellt.
Der letzte Hauch von Motivation fiel dann aber beim Abbau des gesamten Raums wenige Tage nach dem Rundgang. Das Bäumchen war auf ca. 1cm Höhe abgerissen und in Einzelteilen auf dem Kickertisch verteilt. Der bereits kaputte Tischtennisball lag noch kaputter im Tor. Man kann nun spekulieren, wie sich das Bäumchen auf eine größere Fläche verteilt hat…
Zumindest ist die Idee, in der HGB etwas ohne Türschloss aufbauen zu können, gescheitert und der Glaube an einen gewissen Respekt vor anderer Leute Arbeit unter KünstlerInnen ist auf ein sehr niedriges Niveau gesunken.
Die ganze Arbeit hatte aber auch positive Aspekte. Die Angst, von Verwaltungsseite aus würde es viele Probleme geben wurde beseitigt. Es zeigte sich eher eine Freude darüber, dass endlich mal wieder jemand etwas macht. Gespräche mit einigen StudentInnen und MitarbeiterInnen waren äußerst aufschlussreich um Prozesse im Hochschulbetrieb und im HGB-Gebäude besser zu verstehen und es wurde auf jeden Fall ersichtlich, dass die Kommunikation im Haus verbesserungsbedürftig ist. Spannend waren auch die vielfältigen Wünsche und Anregungen auf der Pinnwand, wovon vielleicht ja irgendwann doch noch ein paar umgesetzt werden können.
Einige Erkenntnisse sind auch noch hervorzuheben. Freiräume werden zwar gern genutzt, sind aber scheinbar nicht wichtig genug um sie selbst zu schaffen. Um ein Projekt zu stemmen muss erst eine begeisterte Gruppe existieren. Einfach anzunehmen, dass mit der Zeit genug Leute mitmachen, klappt nur selten. Die Existenz des unfertigen Raumes hat zumindest einige Leute zum Nachdenken über die Gestaltung von Lebensräumen gebracht.
Wenigstens führte der Versuch zu dem wohligen Gefühl, nicht in vier Jahren sagen zu müssen “Hätte ich’s doch damals wenigstens versucht.”. Es gibt genug Orte, an denen Menschen dankbarer für öffentlich zugängliche Räume, Engagement und Kunst sind. Die Hochschule für Grafik und Buchkunst ist wohl doch nur ein Haus mit gut ausgestatteten Werkstätten, größtenteils tollen ProfessorInnen und DozentInnen und einem guten Ruf. Wenn man nicht gerade zum Rundgang von GaleristInnen entdeckt werden möchte, so lassen sich die genannten Vorzüge doch hervorragend für die weitere künstlerische Arbeit außer Haus nutzen.
Der Rundgang geht um
12.02.13
Am 14.02.13 ist es soweit und der Rundgang der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig geht in eine neue Runde. Im ganzen Haus wird schon fleißig gewerkelt und auch der Pausenraum nimmt langsam Form an. Er ist zwar noch weit von einem fertigen Aufenthaltsraum entfernt, aber er wächst halt so schnell, wie eine Person nebenbei arbeiten kann. Wärmeres Deckenlicht, ein schwer entflammbarer Sitzsack und ein frisch eingefärbter Tisch bieten dem interessierten Publikum schon bald Gelegenheit, live und in Farbe mit zu raunen.
Neue Pinnwand und neues Treffen
26.01.13
Nun ersetzt eine Pinnwand aus Kork die doch sehr provisorisch angebrachten Styroporplatten und die ersten Licht- und Metallmöbelideen reifen. Man darf gespannt sein.
Dass KünstlerInnen häufig prekär leben, ist kein Geheimnis - dass die Notizzettel aber schon fast alle sind lässt dann aber doch nur darauf hoffen, dass diese in den heimischen WGs in Ruhe beschriftet werden um später mit großartigen neuen Ideen wieder aufzutauchen. Zum Glück sind das ja nur Cent-Artikel…
Das nächste Treffen ist für Montag, den 28.01.13 im Pausenraum angesetzt. Laut Belegungsplan hat dann auch das Hedis mal wieder geöffnet, was für einen gemütlichen Ausklang des Abends doch hervorragend ist.
Call for Workers, Verteiler und zerstreute Gedanken
25.01.13
Nachdem zum ersten öffentlichen Treffen zum weiteren Vorgehen, welches für den 22.01.13 angelegt war, genau 0 Personen anwesend waren, startet am Montag, den 28.01.13 ein neuer Versuch. Dass zwar auf vielen Ebenen Zustimmung zum Projekt erfolgt, die Beteiligung aber eher schleichend vorangeht, macht nachdenklich.
Möglicherweise ist der Zeitpunkt falsch gewählt, da die meisten StudentInnen mit den Rundgangsvorbereitungen beschäftigt sind. Vielleicht ist die Fertigstellung eines Aufenthaltsraumes sowie eine regere Nutzung des Hedis aber auch erst notwendig um Menschen anregen zu können, ihren Lebensraum mitzugestalten - und da das Studium an der HGB über 5 Jahre geht und viele länger bleiben, kann durchaus von Lebensraum gesprochen werden.
Ein wichtiger Faktor ist natürlich auch die Werbung. Ein aktuelles, nicht zu unterschätzendes, hochschulpolitisches Thema ist die Einstellung des bewährten Studentenverteilers. Über diesen konnten die Studierenden der Hochschule für Grafik und Buchkunst seit langer Zeit schnell und unkompliziert mit allen kommunizieren. Seit dem 1. Januar 2013 gibt es diesen nicht mehr, was hochschulinterne Initiativen deutlich erschwert. Die Hintergründe dazu sind bereits in der LVZ nachzulesen.
Schnelle Kommunikation muss nun also durch Raunen von Mund zu Mund und kostenintensive Printwerbung ersetzt werden. Ob und wann sich dieser Zustand bessert, bleibt abzuwarten. Pausenraunen läuft trotzdem weiter. Es sind ja noch drei Wochen Zeit bis zum Rundgang…
Miss You
25.01.13
Am Tag der offenen Tür wurden zur Konzeptpräsentation “Pausenraunen” Perlenbäume zur Raumdekoration aufgestellt. Einer davon ist seit einiger Zeit verschollen, was sehr schade ist. Aber auch aus kleinen Rückschlägen muss man das Beste machen und die Fahndung nach dem Baum mit mittelgroßer Plakatieraktion in der HGB wurde einfach zur Werbekampagne ernannt.
Von Stehlampen und Kickerbällen
24.01.13
Es gibt zwar noch kein grünes Licht, dafür aber gelbes und das aus einer Stehlampe. Damit ist der erste Schritt zu einem angenehmeren Licht getan. Die ersten Bilder hängen auch schon an den Wänden, was den Raum zumindest ein bisschen wohnlicher macht. Der Kickerball ist schon wieder verschwunden, eine Ausleihe von Kickerbällen an der Pforte scheint aber leider nicht möglich zu sein. Hoffentlich ergibt sich in die Richtung doch noch eine alternative Variante.
3 neue Kissen
22.01.13
Da liegen doch plötzlich 3 neue Kissen im Raum. Das macht das Sitzen und Anlehnen gleich viel angenehmer. Vielen Dank an die Unbekannte. Wenn noch jemand Dinge hat, die er oder sie loswerden will, dann immer her damit. Was nicht für den Raum verwendet wird, kommt einfach in die Umsonstkiste.
Flüstern, Zwitschern, Raunen
21.01.13
Nachdem die Pinnwand im Pausenraum bereits von einigen Personen gefunden und bepinnt wurde, ist nun nicht nur endlich die Website online, sondern es gibt sogar eine digitale Pinnwand. Die ersten Post-Its sind vom analogen in den digitalen Raum übertragen und nun kann weiter geflüstert werden. Wer das nicht will, kann gerne auch zwitschern (#pausenraunen) oder Fan auf Facebook werden.
Wer flüstert denn da?
10.01.13
Die ersten Formalia sind geschafft und das Projekt Pausenraum - Pausenraunen geht in die erste Runde. Zum Tag der offenen Tür, dem 10.01.13, wurde das Konzept zur Umnutzung des kaum genutzten “Pausenraums” der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig öffentlich gemacht. Neben kleinen Umräumarbeiten wurde eine Pinnwand mit Konzept und der Möglichkeit zum Anpinnen von Anregungen und Kritik angebracht.
Die Zusage ist da
08.01.13
Nach langem Bangen kam nun endlich die Zusage: Der Pausenraum darf umgebaut werden. Bis mindestens zum Ende des Rundgangs stehen Tür und Tor offen, ihn auszubauen und zum Leben zu erwecken. Solange solche “Kleinigkeiten” wie Brandschutz und zumindest ein Hauch von Hygiene eingehalten werden, sollte das Projekt auch nicht vorzeitig abgebrochen werden.
Kicker ist wieder nutzbar
19.12.12
Noch vor Weihnachten war die erste Amtshandlung, wenigstens den Kicker mal wieder nutzbar zu machen. Eine gründliche Reinigung und die erste Ölung sollten wieder Spielspaß gewährleisten.
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